Mani über den (vermeintlichen) Kampf zwischen Lichtreich und Finsternis

Mani, geboren 215 in Babylonien, wurde nach eigenen Angaben schon von Kindheit an von einer höheren Macht geführt. Er beschäftigte sich mit den Weltreligionen, um in allen die geistige Essenz, die universelle Kernwahrheit aufzuspüren. Mani ging davon aus, dass im Menschen ein göttlicher Seelenkeim, ein „Lichtkeim“ verborgen ist, der von der Materie („Hyle“) eingekapselt ist.

In Mani’s Lichtschatz – Eine Auswahl manichäischer Texte wurden Gebete vor allem aus dem Manichean Psalmbook von 1938 veröffentlicht. Wenige Jahre zuvor waren in einem Keller in Ägypten verwitterte Papyriblätter mit koptischen Schriftzeichen entdeckt worden, die in etwa aus dem Jahr 400 stammten.

Licht und Finsternis

Im folgenden Gebet geht es um das Verhältnis des Lichtreiches zur Welt der Finsternis:

Unter den Söhnen des Lichtes herrscht niemals Uneinigkeit.
Auch wird keiner von ihnen das Gebot übertreten, das ihm von seinem Bruder gegeben wurde.

Die Welt der Finsternis dagegen verurtelt sich selbst und setzt sich außer Kraft,
da sie es ist, die immer wieder Spaltung verursacht.
Sie ist in sich selbst gespalten.
Das ganze Reich ist in sich selbst gespalten.
Auch die Mächte, die ihren Abgrund verlassen und empor zu gelangen trachten,
verurteilen sich selbst durch die Spaltung, die unter ihnen herrscht.
Die Finsternis wird vernichtet,
ihre Mächte werden unterworfen werden.

Die beiden Lebenswelten werden hier sehr klar unterschieden. Während die Lichtfunken stets eine Einheit bilden, ist die Welt der Finsternis durch ihre fundamentale Uneinigkeit gekennzeichnet.

Warum ringen Menschen um Einheit? Weil sie Mischwesen sind, aus beiden Welten zusammengesetzt.

Weiter heißt es:

Kölner Mani-Kodex

Kölner Mani-Kodex; Urheber:: User Qaramanoğlu; Wikimedia Commons

Da die Gefährten des Mysteriums zusammenstehen,
überragen sie das Reich, das ihnen in Spaltung entgegentritt.
Das Reich, dessen Genossen gespalten sind,
verurteilt sich zwangsläufig
und gerät in die Hand des Reiches,
das ihm in Einheit gegenübersteht.

So auch ihr:
Wenn ihr euch festigt und alle einmütig
in der Lebendigen Wahrheit zusammenhaltet,
die euch geoffenbart wurde,
so werdet ihr alle, vom Kleinen bis zum Großen,
die euch entgegentretende Macht der Sünde besiegen.
Spaltet euch nicht!
Weder am Anfang noch am Ende.
Und ihr werdet Diesseits und Jenseits besiegen
und alles unter eure Füße bringen,
das Gegenwärtige und das Zukünftige.

Der vermeintliche Kampf zwischen Gut und Böse / Licht und Finsternis

Hier wird der Kampf zwischen Gut und Böse ganz anders dargestellt, als ihn zum Beispiel viele Hollywood-Filme beschreiben. Da kämpfen nicht zwei Armeen mit ähnlichen Mitteln gegen einander und ringen um die Vorherrschaft. Nein – die beiden Welten, um die es hier geht, sind fundamental unterschiedlich. Die Seelen, die sich dem Licht zuwenden, treten in eine seit jeher bestehende Einheit ein und lösen sich aus dem Reich der Uneinigkeit.

Es gibt Filme, die diese Idee in Bilder kleiden: Zum Beispiel der Film Revolver in der Szene, als Macha Green mit der Waffe bedroht. Green kämpft nicht, er reagiert gar nicht – er hat aufgehört, an Machas Macht zu glauben, er hat jegliche Furcht verloren. Die Lichtseele, die sich der Einheit bewusst wird, ist von Kräften der Gespaltenheit nicht mehr angreifbar, sie unterliegt anderen energetischen Gesetzen.

In Stephen Kings monumentalem Werk The Stand (Das letzte Gefecht) sammeln sich „Die Guten“ und „Die Bösen“, doch es kommt nicht zur Schlacht. Im Lager der „Bösen“ detoniert versehentlich eine Atombombe. Die Kräfte der Gespaltenheit rufen das Urteil über ihr Schicksal selbst auf.

Diesseits, Jenseits und das Lichtreich

Beachtenswert an dem manichäischen Text ist der Hinweis, dass Einheit sowohl Diesseits wie Jenseits überwindet. Das Lichtreich ist also deutlich vom Jenseits zu unterscheiden. Befreiung wartet nicht nach dem Tod, sondern sie ist im Leben zu verwirklichen. Diesseits und Jenseits sind zwei Seiten einer Medaille: des Lebens in Gespaltenheit. Einheit besteht in der Gemeinschaft der Lichtfunken. Menschen, die ihr Leben ihrem Lichtfunken anvertrauen, können an dieser Einheit Anteil erhalten.

Die Manichäer: Gnostiker

Die Lehre der Manichäer weist Ähnlichkeiten zu derjenigen der noch älteren Gemeinschaft der Essener auf. Spätere gnostische Gruppen wie die Bogomilen und Katharer knüpften an manichäisches Gedankengut an. Vgl. Druiden, Essener, Manichäer, Bogomilen, Katharer, Rosenkreuzer.

Quelle: Mani’s Lichtschatz

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