Mani (3. Jh.) beschreibt den spirituellen Hintergrund zu „Scarborough Fair“

Simon and Garfunkel

Simon and Garfunkel; Urheber: Eddie Mallin; Wikimedia Commons

In dem traditionellen Volkslied Scarborough Fair, das vor allem in der Interpretation von Simon & Garfunkel bekannt wurde, stellt der Sprecher Bedingungen für die Liebe auf, die unter irdischen Bedingungen unerfüllbar bleiben.

Aus spiritueller Perspektive kann man darin Hinweise auf das Seelengewand sehen. Kleidung / Gewänder sind oft Bilder für feinstoffliche Energien. Wer, von Begierden getrieben, Ruhm oder Reichtum sucht oder von Geiz, Neid oder Eifersucht beherrscht wird, verfügt nicht über die „reinen weißen Kleider“ einer erneuerten Seele.

Die Erfüllung irdischer Ideale bleibt immer begrenzt – sei es, dass die Liebe weicht oder die Schönheit welkt. So sind die irdischen Kleider imperfekt – sie benötigen Saum und Naht und werden mittels harter Arbeit hergestellt.

In Mani’s Lichtschatz findet sich ein Gebet, das den spirituellen Hintergrund verdeutlicht:

Glück für uns, dass wir durch Dich Deine Lehre empfingen!
Heilbringender König, neige Dich uns zu!
Als Gesandter Deines Vaters machst Du die Seele gesund.
Du schenkst ihr Freude und befreist sie von Trübsal.

Erhaben und unbegrenzt thronst Du,
wo niemals Finsternis herrscht.
Voll Pracht sind alle Deine Wohnstätten.
Denn freudevoll sind sie und kennen kein Leid.
Alle, die dort wandeln, währen ewig
und nimmer kommen über sie Verwundung oder Elend.
Die Gewänder, die sie tragen, sind nicht von Hand gemacht.
Immer leuchten sie voll Klarheit
und Motten gibt es in ihnen niemals.
Ihr goldener Kranz welkt nie.
Er ist strahlend gewunden in zahllosen Farben.
Nimmer gibt es in ihrem Körper Schwere oder Mattigkeit
und ihre Glieder kennen keinen Zerfall.
Weder trügerischer Schlaf noch Täuschung ergreift die Seelen.
Die Qualen von Hunger und Durst sind dort unbekannt.
Das Wasser aller Seelen duftet wunderbar
und es gibt dort kein Ertrinken in den Fluten.
Ihr Gehen ist schneller als der Blitz.
In den Körpern gibt es nicht das Begierden-Wirken der finsteren Mächte, auch nicht Angriff oder Streit.
Auch sind an jenem Ort weder Angst noch Schrecken
und nirgends im Land gibt es Verwesung.

Alles – außen und innen – ist voller Licht.
Und alle Gärten sind ohne Dornen und Unkraut
und duften im reinsten Hauch.

Kölner Mani-Kodex

Kölner Mani-Kodex; Urheber: User Qaramanoğlu; Wikimedia Commons

Wie in anderen Texten der Manichäer und anderer gnostischer Gruppen wird deutlich, dass es nicht um das „Paradies auf Erden“ geht, sondern ein Aufgehen in einer ganz anderen Lebenswirklichkeit. Streit und Uneinigkeit sind in dieser Lebenswirklichkeit unbekannt (vergleiche den Beitrag Mani über den (vermeintlichen) Kampf zwischen Lichtreich und Finsternis).

Der Rückweg zum göttlichen Urzustand

Die Liebe, die der Sprecher in Scarborough Fair zu gewinnen hofft, ist nicht neu, sie war schon einmal Realität: „For she once was a true love of mine.“

Menschen sehnen sich nach den Gewändern, die für Motten unerreichbar sind, weil der Lichtfunke im Herzen diesen Zustand kennt. Er teilt seine Sehnsucht der vergänglichen Persönlichkeit mit und hofft, dass sie ihm Raum gibt, sodass er wachsen und das Seelengewand aufs Neue weben kann.

Das erinnert an die Sätze aus dem Matthäus-Evangelium:

Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, da sie die Motten und der Rost fressen und da die Diebe nachgraben und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel, da sie weder Motten noch Rost fressen und da die Diebe nicht nachgraben noch stehlen.

Wenn das gelingt, sind die Voraussetzungen für die Alchymische Hochzeit geschaffen: die Vereinigung von Seele und Geist, Braut und Bräutigam.

Quelle: Mani’s Lichtschatz

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