Cat Stevens: The First Cut Is The Deepest – Schmerz und Heilung

Mit The First Cut Is The Deepest gelang Cat Stevens 1967 ein echter Ohrwurm. Der Song wurde häufig gecovert – vier weitere Interpreten machten ihn zu einem Hit: P. P. Arnold 1967, noch bevor das Original erschien; Keith Hampshire 1973; Rod Stewart 1977 und Sheryl Crow mehr als drei Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung, 2003. Hier das Original:

Viele finden sich in den eingängigen Zeilen wieder:

I would have given you all of my heart
But there’s someone who’s torn it apart
And she’s taking almost all that I’ve got
But if you want, I’ll try to love again
Baby I’ll try to love again …  
but I know

The first cut is the deepest

Da ist eine Seelengefährtin, jemand, der es wert ist, geliebt zu werden – doch der Sprecher kann sich ihr nicht ganz hingeben. Was ihn abhält, hat nichts mit dem Gegenüber zu tun, nur mit eigenen Wunden, mit der Vergangenheit. Sein Herz ist zerrissen … So spürt er: Die erste Trennung ist die schwerste, tiefgehendste.

Er wünscht sich, ihr nahe zu sein, er sucht Trost, er versucht sich zu öffnen, er will es versuchen, aber es fällt ihm schwer …

I still want you by my side
Just to help me dry the tears that I’ve cried
‚Cause I’m sure gonna give you a try
And if you want, I’ll try to love again
But baby, I’ll try to love again, but I know

The first cut is the deepest

Das ist sehr direkt, sehr persönlich. Kann man auch diese Zeilen, wie viele andere Liebeslieder (z. B. von Bob Dylan), auf einer spirituellen Ebene auffassen?

Spirituelle Interpretation von The First Cut is The Deepest

Auch auf dem spirituellen Weg geht es darum, sich der Liebe anzuvertrauen, sein Herz zu öffnen. Und auch hier stehen alte Wunden dieser Öffnung im Weg. Wer sich öffnet, macht sich verletzlich – und wer möchte schon verletzt werden?

Menschen, die sich für die Welt der Seele öffnen, überwinden Grenzen – vor allem innere Grenzen des Egos. Auf der Ebene der Seele gibt es keine Trennung. Oft verbinden sich solche Menschen auch in der stofflichen Welt und bilden Gruppen. Und dann kann es geschehen, dass sie in Situationen kommen, die sie mit ihren Wunden konfrontieren – sei es mit Wunden aus diesem Leben oder auch mit Erfahrungen, die in tieferen Schichten gespeichert sind. Heilung bedeutet, Unbewusstes ins Bewusstsein zu holen und im Licht auflösen zu lassen. Das ist nicht immer einfach.

In welchen Situationen solche Wunden sich bemerkbar machen, ist so individuell, wie die Menschen heutzutage nun mal sind. Doch es gibt auch Muster, da viele Menschen Ähnliches erlebt haben. Es gab in der Geschichte viele mystische, okkulte, magische, religiöse, spirituelle Praktiken, die nicht immer mit reinsten Absichten ausgeführt wurden. Jeder Mensch dürfte mehr oder weniger stark von solchen Versuchen geprägt sein. Wenn etwas in einer aktuellen spirituellen Gruppe an frühere Prägungen anknüpft, dann kann der Betreffende plötzlich „zumachen“, blockiert sein. Manchmal sucht man die Schuld in der aktuellen Gruppe, ohne die Ursachen in sich selbst zu erkennen. Das kann beim gemeinsamen Singen sein, oder bei bestimmten Worten oder Bildern, oder bei den unausweichlichen Reibungen in der Zusammenarbeit mit anderen.

Wenn es gut steht, entwickelt sich ein Unterscheidungsvermögen, mit dessen Hilfe man spüren kann, ob das „Problem“ ein persönliches ist oder ob tatsächlich die Gruppe, auf die man sich eingelassen hat, mit bedenklichen Kräften arbeitet.

Was ist der „erste Schnitt“, die erste Trennung?

Auf seiner Seelenreise durch viele Erdenleben hindurch dürfte jeder Mensch schon viele schmerzliche Trennungen erlebt und daher tief von dieser Erfahrung durchdrungen sein. Der Ausgangspunkt all dieser Erfahrungen ist die Trennung vom göttlichen Lebensfeld, die der spirituelle Mensch einmal vollzogen hat, um Erfahrungen in der Welt der Vergänglichkeit und der Gegensätze zu machen. Diese erste Trennung ist die tiefste – denn alle Konflikte, alles Leid gehen daraus hervor. Das ist die Bedeutung der Sünde – nicht moralisches Fehlverhalten, sondern Ab-Sonderung, Trennung. Wahre Religion, re-ligio, bedeutet Wieder-Verbindung mit dem ursprünglichen Feld der Einheit. Wer sich auf diesen Rückweg begibt, erhält Kraft, die alle Wunden heilen kann – in dem Maß, wie der Mensch sich traut, sich ihr zu öffnen und hinzugeben. Dieser Weg führt heraus aus dem Wechselspiel von Verbindung und Trennung, von vergänglicher Freude und Schmerz, hin zur Erfahrung der Einheit in sich selbst. Ob dieser Weg als Single oder in einer Partnerschaft gegangen wird, ist nicht entscheidend.

Hier die Version von Sheryl Crow mit dem offiziellen Video von 2003:

Cat Stevens: Best of

Paracelsus Lesebuch: Die Arznei – Das Wort Gottes

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2 Antworten

  1. Öko-Theosoph sagt:

    Ein Teil der heutigen Musik (z. B. Heavy-Metal) wirkt wie eine schädliche Droge. Empfehlenswert sind z. B. Chopin, Bizet und Zaz. Zum Beispiel „Eblouie par la nuit karaoke“ (bitte auf Youtube anhören).

  1. 11. Januar 2024

    […] Dylans Love in Vain und Love Minus Zero. Von Cat Stevens selbst passt der oft gecoverte Klassiker The First Cut is the Deepest […]

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