1999 lief der außergewöhnliche Film „Matrix“ in den Kinos. Hier eine (von vielen!) Szenen, die mich sehr beeindruckt haben. Morpheus demaskiert die Welt, die Neo kennt, als bloße Computersimulation. Neos spontane Reaktion: Er will es nicht glauben, will fliehen. Erst allmählich lernt er, die neuen Erkenntnisse zu akzeptieren.
(Sie können deutsche Untertitel einstellen, falls diese nicht automatisch angezeigt werden. Auf Youtube können Sie ein Transkript, eine Mitschrift der Szene auf Deutsch lesen.)
Ein Abschnitt in dem Buch Die gnostischen Mysterien der Pistis Sophia: Betrachtungen zum Buch I der Pistis Sophia hat mich stark an diese Filmszene erinnert. Jan van Rijckenborgh erklärt darin Folgendes (DRP Rosenkreuz Verlag, 2. Auflage 2003, S. 439):
… Man könnte erwarten, dass der Kandidat nun nach der dunklen Nacht eine Morgenstunde erlebt. Aber was geschieht? Mit dem Nachtbewusstsein hat er bereits die Wirklichkeit der Todesnatur erfahren. Und mit dem Tagbewusstsein erkennt er nun im Licht einer neuen Morgendämmerung die Zerrüttung und Verwüstung, welche die Stürme des Lebens verursacht haben. Eine solche Erfahrung stimmt keineswegs froh.
Das ganze Verstandesvermögen wird zuerst mit der intensiven, sich einätzenden Wirklichkeit konfrontiert, die als nackte Wahrheit böse und unausweichlich vor dem Kandidaten steht. So beginnt der dritte Reuegesang. Das gesamte sinnesorganische Wahrnehmungsvermögen ist durch die gnostische Berührung verändert.
Es wäre verständlich, wenn den Kandidaten nun eine Angstpsychose heimsuchen würde, denn diese Wahrheit erkennen, ist wie das Erblicken des Wächters auf der Schwelle als rächende Gerechtigkeit, als eine der Gorgonen. Man kann sich vorstellen, dass der Kandidat an Flucht denkt. Diese Reaktion wäre jedoch sehr negativ. Dann würde der dritte Reuegesang nicht gesungen werden.
Aber die Pistis Sophia singt den dritten Reuegesang, und dafür hatte sie Mut nötig, einen Mut, der sich auf Weisheit stützt: die Demut. Der demütige Mensch, der mit dieser Wirklichkeit konfrontiert wird, bleibt furchtlos. Im Gegenteil, er stellt sich in Demut, ohne Eigendünkel, ohne Hochmut, ohne Selbstbehauptung und Daseinstrieb vor das gnostische Licht, das ihn zur Selbstentdeckung führte.
Ein solcher Mensch ist nicht nur demütig, sondern auch langmütig und sanftmütig. Er besitzt unermessliche Geduld und verletzt seine Mitmenschen nicht durch beißende Kritik. Er ist ein Diener, der durch barmherzige Liebe dient. Und auf diese Weise singt er den dritten Reuegesang, das Lied der Demut.
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Lieber Wolf!
Mir gefällt dein Blog sehr gut!
Dies ist ein ansprechendes Beispiel für eine „zeitgemäße Form öffentlicher Arbeit“, eine wirkliche Brücke zur Spiritualität.
Ute
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