Jakob Böhme über das Goldmachen (Aurora)
In seinem Erstlingswerk von 1612, Aurora oder Morgenröte im Aufgang, schreibt Jakob Böhme unter anderem über das Goldmachen. Wie bei etlichen anderen Themen beweist er auch hier ein feines Unterscheidungsvermögen zwischen sichtbaren, stofflich-irdischen Vorgängen einerseits und unsichtbaren, seelisch-geistigen Prozessen andererseits.
Siebenfache Alchemie: Vom Schmelzen des Goldes und Silbers
Böhme beschreibt Im Kapitel 22 (Von der Geburt der Sternen und Schöpfung des vierten Tages) im Abschnitt „Von den Metallen in der Erden“ ab Punkt 84 sieben Schmelz-Vorgänge, um reines Gold und Silber aus Erz zu gewinnen.
- Das Abschmelzen der herben Qualität (Absatz 92)
- Das Abtrennen des tödlichen Wassers (92)
- Das Abschmelzen des Bitteren (93)
- Das Abschmelzen des Feuergeistes (94)
- Das Aufsteigen des Liebegeistes, der der Materie die ursprüngliche Lebenskraft zurückgibt (97)
- Das Aushärten, das einen hellen Klang ermöglicht (98) – dieses Feuer muss besonders subtil sein (99)
- Das Aufsteigen des Lebens in göttlicher Kraft (101), das das subtilste Feuer erfordert
Jakob Böhme: Verhältnis zur Alchemie
Nach dieser Beschreibung mag man nachvollziehen, warum materiell orientierte Alchemisten sich von Böhme den entscheidenden Tipp erhofften, um das begehrte Gold selbst herstellen zu können. Eine sehr schöne Beschreibung einer derartigen Szene findet sich in dem empfehlenswerten Roman Das ewige Bildnis von Edith Mikeleitis.
Böhme jedoch grenzt sich sehr deutlich von der (irdisch verstandenen) Alchemie ab:
105. Du darfst mich darum für keinen Alchymisten halten, denn ich schreibe allein in Erkenntnis des Geistes und nicht durch Erfahrenheit. Wiewohl ich zwar allhie etwas mehrers anzeigen könnte, in wieviel Tagen und in welchen Stunden solche Dinge müssen präparieret werden, denn man nicht Gold in einem Tage machen kann, sondern es gehöret ein ganzer Monden dazu.
106. Es ist aber nicht mein Fürnehmen, mich auf das zu versuchen, sintemal ich nicht weiß mit dem Feuer umzugehen, auch so kenne ich der Quellgeister Farben in der äußersten Geburt nicht, welches großer Mängel zweene sind, sondern ich kenne sie nach einem andern Menschen, der nicht in der Begreiflichkeit stehet.
Jakob Böhme, Aurora, Kapitel 22
Spirituell verstanden, kann man das Feuer der Alchemisten als Läuterungsbrand verstehen, der das eigene Wesen von niederen Anteilen reinigt und so dem Ewigkeitsprinzip (der andere = innere Mensch, der nicht in der „Begreiflichkeit“ steht, also für die körperlichen Sinne nicht greifbar ist) die Möglichkeit zur Entfaltung schenkt.
Jakob Böhme und die Unterscheidung der Ebenen
Böhmes Werk durchzieht eine wohltuende Klarheit, deutlich zwischen materiellen und spirituell-geistigen Prozessen zu unterscheiden. Einige Beispiele:
- Taufe und Abendmahl: Äußeres und inneres Geschehen
- Das Leiden Christi: Stufenweise Aufhebung des Sündenfalls
- „Alter“ und „neuer“ Adam: Irdischer und himmlisch-göttlicher Mensch
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