Das Innerste – Zart wie ein Schmetterling: Gustav Meyrink
Der Autor Gustav Meyrink hat zeit seines Lebens intensiv in verschiedenen religiösen, esoterischen und okkulten Systemen nach dem Lebenssinn gesucht. Ein starkes Zeugnis dieser Suche findet sich in einem Brief von 1917, zitiert nach der empfehlenswerten Meyrink-Biografie von Frans Smit (deutsch von Konrad Dietzfelbinger; S. 225 in meiner Ausgabe von 1988):
Ich weiß sehr genau, was es heißt: nach Licht schreien, dass man fast dabei verbrennt, – habe mein Leben lang geschrien, bis ich endlich – gefunden wurde. Deshalb kann ich mit Ihnen fühlen und hoffe Ihnen auch bald – helfen zu können.
Das Einzige, was das Finden wert ist, ist nur das innerste <Ich>, jenes Ich, das wir sind und immer waren, ohne es gewusst zu haben. Dieses Ich ist immer Subjekt, ist reiner Geist, frei von Form, Zeit und Raum, in dem es sich nur quasi bruchstückweise legiert hat. Sie sind es, aber erst noch potentiell, noch nicht bewusst. Wenn Sie es bewusst werden, steht Ihnen, solange Sie noch eine tierische Hülle haben, die Magie des Wortes zur Verfügung, – später die Allgewalt über jegliche Materie.
Vorerst muss der Weg ins Innere gegangen werden, dann – bereits auf Erden – die Betätigung der Wortmagie (nicht der niederen Astralmagie). Ersteres ist der Weg der Wiedergeburt. – Den Kerning’schen Weg der Buchstabenübungen halte ich für einen Umweg. Ich bin ihn jahrelang gegangen und fast zugrunde daran gegangen. (Ich bekam Rückenmarksschwindsucht, die dann geheilt!!! wurde.)
Es gibt einen viel einfacheren Weg: – Das innerste Ich ist zart wie ein Schmetterling, – auf das allersubtilste, feinste, zarteste, selbstverständlichste muss man ins Innerste gehen. <Das mit Gewalt das Himmelreich nehmen> ist heute ungeeignet – nur für Fakire. – Jede Zeit hat ihre anderen <Wege>. – Der reinste Weg zum Innersten ist zart; – glauben Sie denn, das göttliche Ich ist taub, dass man es à la Kerning stundenlang anbrüllen müsse?
Der beste Schlüssel heißt Freude! Freudiges Vertrauen: <ich weiß, dass Du, mein Ich, allmächtig bist, wenn ich Dich nicht finde; ich weiß, dass nichts, was ich tue, Sünde in Deinen Augen ist; wirke Du das Zauberwort in mir.> So ungefähr. […]
Frans Smit: Gustav Meyrink. Auf der Suche nach dem Übersinnlichen. , Kap. 5 „Schüler der wahren Alchimie“
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Literatur (Hinweis: bezahlte Links):
Frans Smit: Gustav Meyrink – Auf der Suche nach dem Übersinnlichen
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