Einweihung als Roman: Mária Szepes – Der Rote Löwe

Maria Szepes 1992

Maria Szepes 1992, im Alter von 84 Jahren; Urheber: Kertész Dániel

Bescheidene Untertitel finde ich klasse. Diesem gelingt es nicht ganz, demütig zu wirken: Roman der Esoterik im Abendland. Ein monumentales Werk von 571 Seiten (Auflage von 1999) über die Einweihung.

Der Rote Löwe – das ist der Stein der Weisen, das Elixier, das unsterblich macht, das Arkanum der Alchemisten. Doch es nützt nichts, ja schadet sogar, wenn die Seele des Empfängers nicht gereinigt wurde von Begierden und egoistischen Motiven. Das erinnert an Empfehlungen von Dieter Broers in Der verratene Himmel: Rückkehr nach Eden, wo er über „Erleuchtungsdrogen“ wie DMT schreibt. Siehe auch Jakob Böhmes Begegnung mit einem goldgierigen Alchemisten im Roman Das ewige Bildnis.

Geschrieben während des zweiten Weltkrieges, wurde der Roman 1946 zunächst unter Pseudonym veröffentlicht – so entging die Autorin der Verfolgung durch Behörden. 1984 erschien er als Taschenbuch.

Alchemie, Freimaurer, Rosenkreuz

Szepes verfolgt einen Menschen über mehrere Inkarnationen und bedient sich dabei eines Kunstgriffes: Die Inkarnationen folgen unmittelbar aufeinander, und die Hauptfigur behält die Erinnerung an die jeweils vorherige Inkarnation. Er wird geläutert, von einem gierigen, in spirituellen Dingen weitgehend unbewussten Charakter bis hin zur Einweihung. Vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte geht es unter anderem um Alchemie und rosenkreuzerische und freimaurerische Gedanken.

Homunculus – Bezüge zu anderen berühmten Werken

Doch es ist ein langer Weg. In einer Verkörperung ringt er mit dem Homunculus, einem künstlich geschaffenen Wesen, das alle Informationen sammelt, um physisches Gold herstellen zu können – er braucht lange, diesen Einfluss zu überwinden. Ähnliche Gestalten treten in in Goethes Faust II und der Rocky Horror Picture Show auf, die sich wiederum an Mary Shelleys Frankenstein anlehnt; die Figur erinnert auch an Gustav Meyrinks Golem.

Auch der berühmte Graf St. Germain tritt in dem Roman auf.

Der rote Löwe

Karma und Läuterung

Ein Kerngedanke des Romans ist die Wirksamkeit des Karma-Gesetzes. Was in der allerersten Inkarnation an Ursachen gelegt wurde, bleibt bis zur letzten Inkarnation, dem Eingeweihten bestehen. Ohne zu viel verraten zu wollen – das Ende ist deutlich mit dem Anfang verbunden …

Leseempfehlung

Wer nur Erhebendes lesen mag, dem sei abgeraten. Wer einen tiefgründigen, umfangreichen, spannenden und weisen Roman sucht und auch nicht vor seelischen Abgründen zurückschreckt, dem sei Der Rote Löwe wärmstens empfohlen.

Literatur (Hinweis: bezahlte Links):

Zum Buch: Der rote Löwe

Gustav Meyrink: Der Golem

Anker Larsen: Der Stein der Weisen

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4 Antworten

  1. Ron sagt:

    „Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
    Der über die Natur und ihre heil’gen Kreise
    In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
    Mit grillenhafter Mühe sann;
    Der, in Gesellschaft von Adepten,
    Sich in die schwarze Küche schloß
    Und, nach unendlichen Rezepten,
    Das Widrige zusammengoß.
    Da ward ein roter Leu, ein kühner Freier,
    Im lauen Bad der Lilie vermählt,
    Und beide dann mit offnem Flammenfeuer
    Aus einem Brautgemach ins andere gequält.
    Erschien darauf mit bunten Farben
    Die junge Königin im Glas,
    Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
    Und niemand fragte: wer genas?…“

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