Christus als aktuelle lebendige innere Kraft: Anker Larsen

Im „Stein der Weisen“, Band 1 lässt Anker Larsen seine Romanfigur Barnes die ursprüngliche Religion mit Schlangen vergleichen, Religion als Institution hingegen mit abgestreiften Schlangenhäuten. In Band 2 greift er dieses Bild noch einmal auf und spricht über Christus als lebendige Kraft.

Ich sagte dir doch damals, da haben wir noch studiert, ich sei auf der Jagd nach dem religiösen Gefühl. Ich suchte es mit dem Kopf, ich wollte es in anderen Menschen studieren. Jetzt gehe ich einen anderen Weg. Ich habe es in meinem eigenen Herzen gefunden und das Glück meines Lebens, die Harmonie meines Innern, ist eng verbunden mit seinem Wachstum. […]

Ich habe dir damals gesagt, dass die verschiedenen religiösen Glaubensformen Häute seien, die die Schlange selbst, das religiöse Gefühl, zurückgelassen hat. Nun, es ist mehr als das; im Christentum zum Beispiel leben immer noch Schlangen; auch für einen Menschen, der aufgewachsen ist in – wie soll ich sagen – einem christlichen Klima, gibt das Christentum die besten Voraussetzungen für ein religiöses Wachstum. Es wurde immer noch nicht abgelöst von etwas Besserem.

Ich sehe, welche Frage du loswerden willst – ja, aber das Dogma? – Ich kümmere mich nicht darum. Ich kann nicht an Christus denken, ohne – mehr oder weniger stark – die seltsame Zuströmung von geistiger Kraft zu fühlen, die ich in dem Zimmer in Los Angeles und vor der Schmiede in Montana erlebte. Er ist es, der Macht über mich hat. Was scher ich mich um das Meinung der Menschen von Christus, ob er von einer Jungfrau geboren wurde, ob er wirklich zu diesem oder jenem Zeitpunkt in Palästina gelebt hat. Nur von diesem bin ich durch Erfahrung überzeugt worden: der Christusgedanke ist Ausdruck einer göttlichen Kraft, die erlebt werden kann.

Meine Auffassung und die Auffassung anderer von Christi Wesen und Person hat keine weitere Bedeutung als die, die jetzige Stufe unserer religiösen Entwicklung anzuzeigen. Sie gibt ein Bild von uns selbst, nicht aber von Gott. Das einzig Entscheidende ist die andächtige Hingabe der Seele. Ich bin überzeugt, dass aus dieser Hingabe eine Weisheit keimt, die nicht auf dem Weg des Erforschens erworben werden kann. Ja, ich glaube sogar, dass ein ungebildeter, ganz einfältiger Mensch, wenn seine Natur Tiefe und sein Temperament Kraft genug zu vollkommener Hingabe besitzt, zu dieser Einsicht in das Dasein heranwachsen kann, von der sich – unsere Schulweisheit nichts träumen lässt.

Anker Larsen, Der Stein der Weisen, Bd. 2, S. 269f., Mym-Verlag 2003

Siehe den vorherigen Beitrag: Ursprüngliche Religion und religiöse Institution: Von Schlangen und Häuten

Weitere Beiträge zu Anker Larsen

Zu den Büchern (bezahlte Links):

Der Stein der Weisen, Band 1
Der Stein der Weisen, Band 2

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