Moderne Alchemie

Alchemie ist ein Begriff, der weitaus mehr mit dem Mittelalter als mit modernen Zeiten in Verbindung gebracht werden dürfte. In dem folgenden Zitat wird der Begriff entstaubt und sehr konkret und dynamisch in unsere Zeit gestellt:

Alchemist bei der Arbeit im Laboratorium

Quelle: „The mystery and romance of alchemy and pharmacy“ by C. J. S. Thomson, 1576; Urheber unbekannt; Wikimedia Commons

„Über die Alchemie gibt es zwei Meinungen. Der einen Auffassung zufolge ist Alchemie die Umwandlung der Metalle in wörtlichem Sinn. Sie kennen sicher die alten Bilder des Alchimisten inmitten seiner Retorten und Kolben, der mit allerlei geheimnisvollen Prozessen beschäftigt ist, die in der Kunst gipfeln, unedle Metalle in Gold zu verwandeln.

Die andere Ansicht ist, dass die Umwandlung der Metalle geistig zu verstehen sei. Es gehe dabei um das Gold des Geistes, das vom Niederen befreit und in eine höhere Wirklichkeit erhoben werden müsse.

Die erste Meinung ist absolut falsch. Die zweite enthält als eine der Aufgaben des Menschen eine gewisse Wahrheit; aber sie sagt noch nichts über die Alchimie der Rosenkreuzer aus. Ein eingehenderes Studium, das Hindurchdringen durch mancherlei Verschleierungen erklärt uns, was die wahre Alchemie ist.

Wir leben mit unserem stofflichen Körper bewusst in der chemischen Sphäre der stofflichen Welt, im Nadir des Stoffes. Diese stoffliche Welt setzt sich zusammen aus Elementen, Mineralien und Metallen.

Die versunkene Welt, in der wir leben, ist von einer geistigen Essenz durchtränkt. Es ist die Kraft des Christus. Die geistige Essenz hat die Aufgabe, die stoffliche Welt in ihrer ursprünglichen Reinheit wiederherzustellen und das sich darin entwickelnde Leben auf den vorbestimmten Weg zu drängen. Christus, der All-Erfüller, findet dabei die Hilfe der westlichen Mysterienschule. Hinter jedem Erneuerungs- und Zerbrechungsprozess steht der Orden des Rosenkreuzes, der mit seiner gesamten Organisation auf allen Gebieten angespannt in seinem Dienst tätig ist. Das ist Alchimie, die Alchimie der Rosenkreuzer.

Diese Alchimie ist allumfassend und vor allem sehr konkret. Wir können uns nicht damit begnügen, zu sagen: ‚Es geht darum, das symbolische Gold des Geistes zu befreien.‘ Natürlich geht es darum, das ist, kurz zusammengefasst, das Ziel der Menschheit. Die Alchimie aber bringt den erforderlichen Prozess in Gang.

Ein Rosenkreuzer-Alchimist ist daher ein Mensch, der auf jede mögliche Weise an der allgemeinen Erneuerung der Welt und der Menschheit mitarbeitet. Auf allen Gebieten der Wissenschaft, der Kunst und der Religion ist der großartige alchimische Prozess zu erkennen. Es gibt keine Wissenschaft, die von den alchimischen Prozessen der Rosenkreuzer ausgenommen wäre. Hinter den schönen Künsten steht ein mächtiges Verlangen nach Erneuerung: die Alchimie. Hinter der religiösen Besinnung des Individuums verbirgt sich das dynamische Drängen nach einer völligen Erneuerung: die Alchimie.

Wir sehen ein ganzes gesellschaftliches System zusammenbrechen und veraltete Methoden verschwinden, und wir erleben einen unwiderstehlichen, sich vielfältig äußernden Impuls, eine vollständige Wiedergeburt zu erreichen. Das ist die Wirkung des Feuers, das sind die züngelnden Flammen unter den Retorten der Alchimisten.

Erkennen Sie, wie die Alchimie so für Sie lebendig wird? Sie können sie nicht ins Mittelalter verweisen, wo die Magier versuchten, unedle Metalle in Gold zu verwandeln. Begreifen Sie, dass die Alchimie uns nicht fernliegt? Dass sie der Pulsschlag unserer Zeit ist? Dass wir das lodernde Feuer sehen? Dass wir die Wirksamkeit der Älteren Brüder wie mit Händen greifen können? Dass wir die siedende Masse in den kupfernen Kesseln zischen hören können?

Natürlich, es geht in der Tat um das Freiwerden des geistigen Goldes. Aber zu allen Zeiten hören wir die Stimmen und sehen wir das Wirken der Arbeiter Gottes, der Alchimisten, welche die niederen Metalle der stofflichen Welt umwandeln.

So schüren die Söhne des Feuers das ewige Feuer unter den Retorten Gottes. Das Unedle wird hineingeworfen; es verbrennt vor dem Herrn, und aus der Asche erhebt sich ein neuer Phönix, der Feuervogel.“

aus Das Bekenntnis der Bruderschaft des Rosenkreuzes: Esoterische Analyse der Confessio Fraternitatis R.C.,
Kapitel 7: Die Umwandlung der Metalle
und das höchste Heilmittel,
von Jan van Rijckenborgh

2014 jährte sich die Herausgabe der Fama Fraternitatis (Der Ruf der Rosenkreuzer Bruderschaft) zum 400. Mal. Erschienen im Jahr 1614, folgte ihr bald darauf die Confessio Fraternitatis R.C. (Das Bekenntnis der Bruderschaft des Rosenkreuzes, 1615) und die Chymische Hochzeit Chrstiani Rosencreutz (1616). Aus diesem Anlass finden fanden im September etliche Veranstaltungen in Calw statt.

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12 Antworten

  1. A. sagt:

    Sehr schöner Text !
    Allerdings…..jetzt…2019….wäre die Vergangenheitsform eher angebracht.
    Und….man achte auf die 7 Strahlen im Bild :-))
    HG Andre

  2. Ron sagt:

    „Es möchte kein Hund so länger leben!
    Drum hab‘ ich mich der Magie ergeben,
    Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
    Nicht manch Geheimnis würde kund;
    Daß ich nicht mehr mit sauerm Schweiß
    Zu sagen brauche, was ich nicht weiß;
    Daß ich erkenne, was die Welt
    Im Innersten zusammenhält…“

  1. 10. Januar 2024

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  2. 11. Januar 2024

    […] seit dem 17. Jahrhundert, als die 1614, 1615 und 1616 Der Ruf der Rosenkreuzer-Bruderschaft, Das Bekenntnis der Rosenkreuzer-Bruderschaft und die Alchymische Hochzeit des Christian Rosenkreuz erschienen, sind Rosenkreuzer-Bewegungen […]

  3. 11. Januar 2024

    […] Vgl. den Beitrag Moderne Alchemie. […]

  4. 12. Januar 2024

    […] die drei Rosenkreuzer-Schriften Fama Fraternitatis (Der Ruf der Rosenkreuzer-Bruderschaft, 1614), Confessio Fraternitatis (Das Bekenntnis der Rosenkreuzer-Bruderschaft, 1615) und die Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz. Anno 1459 (1616). Auf Böhmes Grabkreuz stand […]

  5. 18. Januar 2024

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