Zu wenig Unterstützung auf dem spirituellen Weg?

In einigen Jahren spirituellen Strebens habe ich etliche Freunde straucheln sehen. Die Anlässe und Gründe waren, wie wir Menschen im 21. Jahrhundert nun mal sind, sehr individuell. Zugrundeliegende Muster gab es allerdings schon. Einige Themen, die typische Fallen bergen:

Manchmal fragte ich mich, ob es nicht möglich sein müsste, spirituell Strebende besser auf solche Herausforderungen vorzubereiten. Die Themen sind schließlich alt und sicherlich von vielen Kandidaten im Laufe der Zeiten durchlebt worden.

Anker Larsen: Der okkulte Lehrer im „Stein der Weisen“

In Anker Larsens Roman Der Stein der Weisen wird Jens Dahl in die geheime esoterische Schule der theosophischen Gesellschaft aufgenommen. Dort lernt er, seinen Körper im Schlaf bewusst zu verlassen und sich die nächtlichen Erlebnisse beim Aufwachen ins Gedächtnis einzuprägen, sodass sie nicht wie Träume verblassen. Dahl erhält Unterricht von einem Lehrer, den er nur in den feinstofflichen Gebieten trifft und gar nicht aus dem Tagleben im physischen Körper kennt.

Quelle: pexels.com, Line Knipst

Vor der folgenden Szene hat Dahls Freund Sophus Petersen seine persönliche Bruchlandung erlebt. Mit hohen Idealen auf dem Weg der Askese und Selbstveredelung weit vorangeschritten, ist er am Thema Erotik und Partnerschaft gescheitert und nach jahrelanger Abstinenz dem Alkohol verfallen.

Larsen lässt den okkulten Lehrer die Frage nach dem Schutz vor derartigem Scheitern beantworten.

Dahl grübelte viel über Sophus Petersens tragikomisches Schicksal nach. Da war eine Anklage in ihm, der er keine bestimmte Adresse geben konnte. Ihm schien, dass der, der sein Leben so redlich und in so gutem Glauben „den höheren Mächten“ hingab, auch von diesen beschützt und aufgeklärt werden müsse, dass er nicht von der trivialsten Macht so plump genarrt werden könne. Genauso unbeschützt war er selbst gewesen, als er seinerzeit, den Vorschriften des Capellano folgend, seine Seele Gott zu geben wünschte. Er war damals nur dem Teufel näher gekommen.

Jetzt hatte er ja einen Lehrer, den er um Rat fragen konnte, und er begab sich mit dem festen Vorsatz zur Ruhe, Aufklärung bei ihm zu suchen.

Nachdem er die gewöhnlichen sorgfältigen Verhaltensmaßregeln getroffen und das Gehirn autosuggeriert hatte, keine automatische Traumtätigkeit zu entfalten, schwebte er wie immer am Abend aus seinem Körper und befand sich in der Geisterwelt, wo er sich jetzt genauso heimisch fühlte wie in der physischen.

Als er seine Arbeit ausgeführt und seinen Unterricht empfangen hatte, stellte er seine Frage, weswegen die emporstrebende Seele allen möglichen bösen Einflüssen so ungeschützt preisgegeben sei.

Sein Lehrer antwortete: „Wir leisten die Hilfe, die jedem zukommt. Aber bedenke, es handelt sich um Selbstentwicklung und eigenes Wachstum. Wir wünschen keine Schüler, die am Gängelband an allen Gefahren vorbeigeführt werden. Wir brauchen Individuen mit wachem Bewusstseinsleben, die selbst sehen und erkennen, die sich selbst beschützen können – und später auch andere, die Anfänger. Die Gesetze in den geistigen Welten sind dieselben wie in der physischen. Der Träge steht still, der Schwache fällt. Klare Sinne und Kraft sind notwendig.“

Anker Larsen, Der Stein der Weisen Bd. II, Kap. 23 „Der Tempel“

Die Worte des Lehrers erinnern mich an das Gebet „Was uns fehlt / Wir brauchen Menschen voll Kraft und Mut …“.

Ohne zu viel von dem Roman verraten zu wollen, sei zumindest angemerkt, dass der okkulte Unterricht auch seine Gefahren birgt und Dahl zumindest nicht unmittelbar zur Erlösung führen kann.

Zum Stein der Weisen siehe auch den Beitrag „Die Himmelssprache im Offenen“.

Literatur (Hinweis: bezahlte Links):

Anker Larsen: Der Stein der Weisen

Anker Larsen: Olsens Torheit

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